„Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich weiter aus der Krise“

„Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich weiter aus der Krise“, kommentiert Prof. Dr. Hans-Werner Sinn den jüngst veröffentlichten ifo-Geschäftsklimaindex vom November 2009 – ein Trend, der auch für die Region Hannover Gültigkeit hat, wie die zweite Geschäftsklimastudie der studentischen Unternehmensberatung Janus Consultants e. V. zeigt.

Auf Basis einer Onlinebefragung, in Kooperation mit der hannoverimpuls GmbH, nahmen gut 380 Unternehmen der zentralen Fokusbranchen Automotive, Energiewirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologien, Life Sciences, Optische Technologien und Produktionstechnik aus der Region teil. Dies entspricht mehr als einer Verdoppelung der Teilnehmer. Mit gut 10% Rücklaufquote ist jedoch noch Potenzial vorhanden, weitere Unternehmen für die kommenden Umfragen zu begeistern. Neben der Ermittlung der Geschäftslage und -erwartung ermöglicht auch die zweite Studie wichtige regionale Einblicke in die unternehmerischen Reaktionen auf den konjunkturellen Einbruch der Wirtschaftsleistung und zeigt besonders erfolgreiche Unternehmensstrategien in den Bereichen Personal und Finanzierung. Auch werden mögliche Aufschwungsrisiken, präferierte Politikoptionen sowie aktuelle Einblicke zur Kreditversorgung der Unternehmen präsentiert.

Folgende Übersicht fasst die zentralen Ergebnisse der Geschäftsklimastudie für die Region Hannover zusammen:

Geschäftslage & -erwartung:

Sowohl Geschäftslage als auch -erwartung für die kommenden sechs Monate werden von den befragten Unternehmen als „gut“ (29%) bzw. „befriedigend“ (51%) oder „eher günstiger“ (31%) bzw. „etwa gleichbleibend“ (46%) bewertet. Trotz der weltweiten Konjunkturkrise scheinen die Unternehmen in der Region Hannover optimistisch in die Zukunft zu blicken, darauf deuten jedenfalls die recht konstant gebliebenen Einschätzungen im Vergleich zur ersten Geschäftsklimastudie von Janus Consultants im Mai 2009 hin.

Investitionsentwicklung & -planung:

Die Investitionsplanung sowie auch die –entwicklung der Investitionen der Unternehmen in der Region innerhalb der letzten Monate zeigen keinen Einbruch – ganz im Gegenteil. Rund 23% (zuvor: 26%) der Unternehmen weisen „steigende“, 40% „gleichbleibend hohe“ Investitionen (zuvor: 43%) innerhalb der letzten sechs Monate aus. Auch die Planungen für die kommenden Monate spiegeln dieses Bild wider: 26% der Unternehmen geben an, ihre Investitionen zu steigern, 44% gehen von gleichbleibend hohen Investitionen aus. Ein Drittel der Ausgaben wurden jeweils für Kapazitätserweiterungen, Ersatzbedarf und Produkt- bzw. Verfahrensinnovationen aufgewendet.

Personalplanung:

Die Mitarbeiterzahlen der befragten Unternehmen erweisen sich erneut sowohl rückblickend als auch perspektivisch als stabil. Bei 88% der Befragten gab es in den vergangenen sechs Monaten keinen Arbeitsplatzabbau bzw. teils wurde sogar die Personaldecke erhöht – nur bei 12% musste Personal reduziert werden. Die Mitarbeiterzahlen werden sich gemäß Umfrage bei 94% der Unternehmen in den kommenden sechs Monaten nicht verringern.

Unternehmerische Rahmenbedingungen in der Region Hannover:

Spätestens seit der EXPO 2000 ist die Region Hannover infrastrukturell sehr gut aufgestellt. Das öffentliche Verkehrsnetz wurde auch nach der Weltausstellung ständig erweitert und modernisiert. Erneut stach der Punkt der Verkehrsanbindung als hervorragende Rahmenbedingung hervor. Ebenfalls sehr positiv wird die Kooperationsbereitschaft von Forschungseinrichtungen gesehen, dicht gefolgt von der Verfügbarkeit geeigneter Arbeitskräfte im kaufmännischen Bereich. Negativ hingegen wird die allgemeine Verfügbarkeit von geeigneten Abnehmern gesehen. Auffällig ist, dass auch in der zweiten Studie die öffentliche Verwaltung einen Denkzettel verpasst bekommt.

Reaktionen auf die Krise:

Die Unternehmen in der Region Hannover fühlen sich mehrheitlich nicht von der Krise betroffen. Auf einer 6er-Skala mit den Extremwerten „gar nicht betroffen“ und „in hohen Maße betroffen“, sahen sich mit 57% mehr als die Hälfte der Unternehmen weniger stark betroffenen. 16% gaben an, gar nicht betroffen zu sein, nur 7% fühlen sich in hohem Maße betroffen. Ist die Trendwende schon vollzogen oder nicht? Die Studienteilnehmer zeigen sich uneins wie bei keiner anderen Frage. Mindestens je ein Fünftel der Befragten findet, dass die Krise bereits überstanden sei (20%) bzw. erwarten ein Ende im 2. Quartal 2010 (25%) oder aber frühestens ab 2011 (20%). Eine klare Trendaussage lassen auch die Ergebnisse im Bereich Personalplanung erneut nicht zu. Zur Krisenbewältigung wurde Mitarbeitergewinnung ebenso häufig genannt wie Mitarbeiterreduktion. Als erfolgreich hat sich, wie im Bundestrend, die Kurzarbeit erwiesen. Gehaltsverzicht zur Arbeitsplatzsicherung sehen viele Unternehmen ebenfalls als erfolgreiche Maßnahme an, um in der Wirtschaftskrise bestehen zu können. Im Bereich Finanzierung spielten insbesondere die Akquisition von Fördermitteln (14%) und die private Kreditaufnahme (20%) eine wichtige Rolle. Beide Maßnahmen wurden allerdings als eher mäßig erfolgreich eingestuft.

Kreditversorgung – aktuelle Einblicke aus der Region Hannover:

Eine Kreditklemme in der Region Hannover lässt sich aus der Studie nicht direkt ableiten. Jedoch warnten die Financial Times Deutschland sowie das Magazin Wirtschaftswoche bereits im Juli 2009 vor einer erkennbaren Tendenz zur restriktiveren Kreditvergabe. Diese Thesen sollten mit den Erfahrungen der befragten Unternehmen bei der Kreditbeantragung belegt werden. Im Kern werden Zinssatz und die Stellung von Sicherheiten kritischer beurteilt als die Dauer der Kreditvergabe und der Umfang der Unterlagen. Alle vier Bereiche wirken sich jedoch signifikant negativ auf die Beurteilung der Kreditvergabe seitens der Hausbank aus.

Experteninterview:

Im Experteninterview bestätigt Prof. em. Dr. Lothar Hübl die gute Ausgangslage unserer Region und macht uns allen Mut – immerhin spricht der Professor Emeritus des Instituts für Sozialpolitik an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Leibniz Universität Hannover das aus, was viele Hannoveraner längst schon wissen: Unsere Region Hannover ist keineswegs eine graue Maus in der Bundesrepublik. Mehr noch: Wir brauchen den Vergleich mit anderen Metropolregionen nicht zu scheuen. Die Region kommt seiner Ansicht nach auch deswegen gut durch die Krise, weil sie über einen ausgewogenen Branchenmix verfüge. Durch den Timelag am Arbeitsmarkt könne es zwar zu einer ansteigenden Arbeitslosenquote im Winter kommen, die tendenziell jedoch keine dramatischen Ausmaße annehmen werde. Das Bruttoinlandsprodukt werde das Vorkrisenniveau voraussichtlich erst in zwei bis drei Jahren wieder erreichen. Durch Innovationen und Spezialisierung sollte die Region Hannover jedoch gut für die Zukunft gerüstet sein. Der eingeschlagene Weg des Technologietransfers sei mehr als nur begrüßenswert und sollte weiter forciert werden.

 

Diese Ergebnisse erlauben interessante und aussagekräftige Einblicke in die konjunkturelle Situation der Unternehmen in unserer Region Hannover. Langfristig soll die Erstellung eines regelmäßigen regionalen Geschäftsklimaindizes durchgeführt werden, der einen Vergleich mit dem bundesweiten ifo-Geschäftsklimaindex und somit einen Vergleich der regionalen Wirtschaftssituation mit dem Bundestrend ermöglicht.